Autor:
Sieglinde Grabmeier
"Malaclemys
terrapin centrata" ist meines Erachtens eine der schönsten Schildkrötenarten. Sie hat aufgrund von Wildfängen und deren Haltung
in Brackwasser einen eher schlechten Ruf in der Haltung. Es gibt wenig Literatur auf Englisch und noch weniger auf Deutsch zu finden.
Besonders bei Nachzuchten gibt es aber wenig Probleme und sie bereiten mit sehr viel Freude in der Haltung.
Mit diesem Artikel möchte ich meine Haltung, Zucht und Aufzucht vorstellen. Er soll zeigen, dass die Haltung und Nachzucht möglich ist und
das es sich um eine attraktive und aktive Schildkrötenart handelt. Er soll zudem auch andere Schildkröten-Enthusiasten ermutigen, diese Art
zu halten und den Bestand in Menschenhand sicherzustellen.
Die Schildkrötenbegeisterung hatte ich bereits seit meiner Kindheit, verwirklichen konnte ich sie erst als ich mit meinem Mann
zusammenzog. Er riet mir, mich über unterschiedlichste Arten zu informieren und die passendste Art für mich herauszufinden. Ich stieß bei meinen Recherchen bald auf die Diamantschildkröten und
war vom ersten Augenblick verliebt. Die schöne Zeichnung des Panzers, die wachsamen Augen und das immer freundliche Gesicht der Schildkröten hatten mich in ihren Bann gezogen. Die als heikel
beschriebenen Schildkröten schienen erst unerreichbar für mich, aber meiner Erfahrung zufolge sind die von mir damals erworbenen Nachzuchten keinesfalls heikel. Sie sind sehr neugierig, nicht
scheu und es ist einfach nur ein Traum, sie zu beobachten.
Allgemeine Vorstellung
Die Färbung der Haut von "Malaclemys terrapin centrata" kann hellgrau bis dunkelgrau sein. Es befinden sich schwarze Flecken darauf, die von vielen, kleinen
bis zu wenigen großen Punkten variieren können. Auch der Panzer weist eine sehr große Variabilität bei den einzelnen Individuen auf. Die Panzerfärbung kann von gelb über orange bis oliv und braun
gehen. Auf dem Carapax befinden sich konzentrische Ringe, die ebenfalls sehr unterschiedlich gefärbt sein können. Für Ungeübte ist die Unterscheidung der Nominatform "Malaclemys terrapin
terrapin" von "Malaclemys terrapin centrata" sehr schwierig. Die charakteristischen Merkmale von "Malaclemys terrapin centrata" sind der größere
Kopf und der länglichere Panzer, der an den Seiten parallel verläuft (James Lee, Stephen Chew – Diamondback Terrapins Gems of the Turtle World
(2008)).
Weibchen erreichen eine Länge von 17-24 cm, während Männchen mit 11-14 cm deutlich kleiner bleiben. Männchen entwickeln einen deutlich längeren und dickeren Schwanz aus als die Weibchen. Verlängerte Krallen an den Vordergliedmaßen konnte ich bei meinem Männchen nicht beobachten. Eine Einbuchtung im Plastron ist nur minimal zu erkennen. Bei Jungtieren ist keine Jungtierfärbung zu beobachten. Sie sehen bereits wie die Adulttiere aus.
"Malaclemys terrapin centrata" ernähren sich überwiegend von Krebsen, Meeresschnecken, Würmern und anderen Insekten. Aber auch Fische werden nicht verschmäht.
"Malaclemys terrapin centrata" bewohnen die großen Gewässer an der Ostküste, von Cape Hatteras, North Carolina bis Volusia County, Florida. An den Grenzen zur
Verbreitung der anderen Unterarten der Diamantschildkröte kommt es zu Vermischungen mit den
angrenzenden Subspezie.
Diamantschildkröten bewohnen Brackwasserzonen, Lagunen, Buchten und Tümpel der Gezeitenzone. Nach der Winterruhe beginnt die Fortpflanzungszeit. Von April bis Juli legen die Weibchen ihre Gelege ab, die aus 4 bis 12 Eiern bestehen können. Mehrfachgelege sind möglich. Von August bis September schlüpfen die Jungtiere. Sobald die Temperaturen wieder sinken ab Oktober, November beginnt die Winterruhe (Manfred Rogner - Schildkröten 1 (1995)).
Im Jahr 2013 konnte ich von einer bekannten Züchterin 4 Jungtiere von "Malaclemys terrapin centrata" erwerben. Die Tiere waren zu diesem Zeitpunkt bereits 2 Jahre alt. 2016 nach der Winterruhe entpuppten sich drei der 4 Tiere als Männchen, wobei zwei Männchen separiert werden mussten. Diese zwei Männchen wurden wenig später abgegeben, sodass ich nun ein Pärchen halte und mit diesem auch züchte.
Das Weibchen hat nun eine Größe von 21 cm und ein Gewicht von 940 Gramm. Das Männchen ist mit 16 cm und nur 360 Gramm deutlich kleiner.
Gewichte in Gramm |
Weibchen |
Männchen 1 |
Männchen 2 |
Männchen 3 |
Mai 2013 |
48 |
18 |
25 |
18 |
Januar 2014 |
84 |
47 |
52 |
28 |
November 2014 |
207 |
123 |
157 |
81 |
November 2015 |
288 |
217 |
209 |
111 |
November 2016 |
397 |
264 |
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November 2017 |
583 |
295 |
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November 2018 |
671 |
300 |
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November 2019 |
767 |
334 |
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November 2020 |
813 |
346 |
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November 2021 |
834 |
359 |
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November 2022 |
892 |
352 |
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November 2023 |
937 |
366 |
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Die beiden Diamantschildkröten leben zusammen in einem Aquarium mit den Maßen 300 x 70 x 50 cm. Der Wasserstand beträgt 40 cm und das Volumen ca. 850 L. Das Wasser wird mit einem Eheim Professional 3Pro gefiltert. Alle 14 Tage wird zusätzlich ein Wasserwechsel durchgeführt. Hier werden ca. 20% des Wassers durch frisches Wasser ersetzt. Im Wasser befindet sich kein Bodengrund, da es so leichter ist, das Aquarium sauber zu halten. Im Wasserteil schwimmt Wasserpest, die auch gerne aus Versteck benützt wird.
Es wird ein Landteil mit den Maßen 60 x 45 x 70 cm neben dem Aquarium, der mit Sand befüllt ist, angeboten, der mittels einer Rampe zu erreichen ist. Im Landteil habe ich versucht eine Bepflanzung mit robusten Pflanzen als Schutz anzubieten. Die Grabungen der Nistgruben überlebte aber leider noch keine Pflanze. Seit einem Jahr verzichte ich nun auf Pflanzen und dies scheint das Weibchen nicht zu stören. Das Männchen ist nur sehr selten auf dem Landteil. Diamantschildkröten sollte ein großer Schwimmbereich zur Verfügung gestellt werden.
Als Grundbeleuchtung dienen LED-Spots die im Sommer 14 h am Tag laufen. Gleichzeitig wurden 3 Metalldampflampen mit 50 Watt installiert. Eine dieser Lampen befindet sich über dem externen Landteil, eine über der Rampe zum Landteil und die dritte befindet sich auf einem schwimmenden Sonnenplatz, der an der Rückwand verankert ist, in der Mitte des Aquariums.
Der Aufbau auf dem Aquarium hat die Maße 300 cm x 50 cm x 70 cm.
Die Züchterin, von der ich die Tiere erworben hatte, hielt ihre Elterntiere bereits in Süßwasser und zieht ihre Nachzuchten ebenfalls in Süßwasser auf. Aus diesem Grund halte ich meine Diamantschildkröten ebenfalls in Süßwasser und ziehe auch meine Nachzuchten in Süßwasser auf. Dies funktioniert gut. Nur zur Überwinterung gebe ich Meersalz (für Korallen) ins Wasser, um Infektionen zu vermeiden. Die Konzentration beträgt maximal 4 g Salz pro Liter Wasser. So können die Schildkröten das Wasser noch trinken. Bei höheren Salzgehältern sollten extra Wasserschalen mit Süßwasser zum Trinken zur Verfügung gestellt werden.
Ins Aquarium geben wir Wasserpest aus unserem Teich. Diese wird von den Schildkröten nur spärlich gefressen.
Diamantschildkröten ernähren sich fast ausschließlich carnivor. Sie sind nicht wählerisch und fressen sowohl Insekten, wie Heimchen, Schaben, Mehlwürmer und Zophobas, wie auch Fisch, Muscheln, Krebse und Garnelen. Auch Pellets oder Schildkrötenpudding werden sehr gerne angenommen. Frostbabymäuse werden auch gerne gefressen, diese verfüttere ich aber nur während der Eiablagesaison. Sepiaschulp schwimmt immer im Wasser und wird besonders während der Eiablagesaison gerne angenommen.
Während der Überwinterungen kam es bei meinen Tieren immer wieder zu Hauterkrankungen. Es bildete sich ein weiß-gelblicher Belag auf der Haut. Der Belag kam auch trotz Zugabe von Salz zurück. Sind die Tiere betroffen, ist die Winterruhe sofort zu beenden und das Tier einem reptilienkundigen Tierarzt vorzustellen. Die Tiere werden anschließend mit Antibiotika behandelt. In der Regel überführe ich die Schildkröten in eigene Becken im Keller, der eine Temperatur von 8 - 15 °C aufweist. Da ich vermute, dass diese Infektionen auch durch Stress ausgelöst werden können, verzichte ich in diesem Winter auf die Überführung im Keller. Ich werde sie in ihrem gewohnten Becken belassen, wobei alle Wärmequellen ausgeschaltet werden und die Wassertemperatur ca. 17 °C betragen wird. Die Diamantschildkröten sollen für ca. 3 Monate starren und ich bin gespannt, wie sich diese Art der Überwinterung auf die Hauterkrankungen auswirkt und ob sie sich auch auf die Befruchtungsrate auswirkt.
Nachtrag - Stand Sommer 2025:
Seit der Veröffentlichung des Artikels in der Sacalia haben wir bereits zweimal die geänderte Überwinterung durchgeführt. Die Diamantschildkröten bleiben in ihrem
gewohnten Becken und die Wassertemperatur ist um einige Grade Wärmer als im Keller.
Bis jetzt funktioniert diese Art der Überwinterung sehr gut. Die Tiere sind sehr ruhig und bewegen sich kaum. Ein Gewichtsverlust, ein Anzeichen das die
Überwinterungstemperatur zu hoch ist, konnte nicht festgestellt werden. Die Hautkrankheit ist seitdem nicht mehr aufgetreten und auch die Anzahl der Gelege und die Befruchtungsrate ist
unverändert. Wir werden die neue Art der Überwinterung
auf jeden Fall beibehalten.
Das Männchen ist besonders im Frühjahr und im Herbst paarungswillig. Er verfolgt das Weibchen, schnuppert an ihrem Schwanz und versucht anschließend auf das Weibchen aufzureiten. Eine erfolgreiche Paarung konnte ich leider bisher noch nicht beobachten.
Während der Trächtigkeit ist das Weibchen sehr verfressen. Sie beginnt aktiv die Fische im Aquarium zu jagen und zu fressen. Bei der Fütterung ist dann aufzupassen, da sie auch gerne in die Pinzette, den Finger oder die Behältnisse beißt. Das Weibchen sonnt sich während der Trächtigkeit lang und ausgiebig. Kurz vor der Eiablage wird das Weibchen sehr nervös und es beginnt mit der Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz. Hier kam es zu Probegrabungen auf dem externen Landteil, aber auch in dem Blumenkasten, der eigentlich nicht für Schildkröten erreichbar sein sollte.
Bei mir werden zwischen März und Mai ein bis drei Gelege abgelegt mit 7-15 Eiern. Die Befruchtungsrate liegt mit 10 bis 50% relativ niedrig. Besonders die Zweitgelege neigen dazu, unbefruchtet zu sein. Die Eiablagen finden eher am Morgen bis Vormittag statt und dauern nur ca. 3 Stunden.
Die erste Eiablage 2020 habe ich leider nicht mitbekommen und so wurden die Eier auf dem externen Landteil gezeitigt. Im November 2020 habe ich die Tiere in die Winterruhe überführt und die Beleuchtung der Wärmelampe über dem Landteil für 3 Monate ausgeschaltet. Im März 2021 habe ich zufällig die Jungtiere, die geschlüpft sind, gefunden. Ich habe sie in ein Aufzuchtbecken überführt. Leider sind diese Jungtiere innerhalb der nächsten 4 Wochen alle verstorben. Ich vermute, dass die Inkubation während der Wintermonate zu kalt war.
Nach der Eiablage grabe ich die Eier vorsichtig aus und überführe sie in eine Dose ohne Luftlöcher. Als Brutsubstrat verwende ich Perlit, das mit Wasser im Gewichtsverhältnis 1:1 angefeuchtet wurde. Die Eier werden nur auf das Substrat gelegt. Anschließend wird die Dose verschlossen und in einen Bruja-Flächenbrüter überführt. Die Inkubationstemperatur beträgt 29 °C. Die Scheiteltemperatur von "Malaclemys terrapin centrata" beträgt 28,5°C (PIEAU & DORIZZI 2004). Bei niedrigeren Temperaturen als 28,5°C schlüpfen tendenziell mehr Männchen. Bei höheren Temperaturen als 28,5°C schlüpfen tendenziell mehr Weibchen. Während der Inkubation wird regelmäßig der Feuchtegehalt des Perlits überprüft und gegebenenfalls nachgefeuchtet.
Nach ca. 60 Tagen beginnen die Eier zu schwitzen. Die nächsten Tage sollten die Jungtiere schlüpfen. Der Schlupf selbst kann bis zu zwei Tage dauern. Die Schlupfrate der befruchteten Eier betrug 100%. Bei niedrigeren Inkubationstemperaturen verlängert sich die Inkubationszeit.
Diamantschildkrötenbabys wiegen zwischen 4 und 8 Gramm nach dem Schlupf und sind in etwa so groß wie eine 1-Euro Münze.
Die Jungtiere werden auf feuchtes Zewa gesetzt und im Inkubator belassen, bis sich die Bauchdecke ganz geschlossen hat. Anschließend ziehen sie in ein kleines Aufzuchtbecken mit den Maßen 65x27x12 cm mit einem Wasserstand von 5-7 cm um. In der Mitte befindet sich ein Landteil über dem eine Metalldampflampe mit UV Anteil mit 35 Watt montiert ist. Das Becken ist oben offen, um eine Überhitzung zu vermeiden. In diesem Becken verbringen die Babys die ersten Wochen, bis sie gut ans Futter gehen und auch schon an Gewicht zugelegt haben. Die Jungtiere bekommen das gleiche Futter die die Elterntiere, aber in geeigneter Größe.
Nach ein paar Wochen werden die Jungtiere in ein Becken mit den Maßen 100 x 50 x 25 cm überführt. Auch hier ist in der Mitte des Beckens ein Landteil mit einem Ausstieg angebracht und darüber eine 35W - Metalldampflampe. Die gemeinsame Aufzucht der jungen Diamantschildkröten stellt kein Problem dar, aber da es sehr verfressene Exemplare gibt, ist darauf zu achten, dass alle Tiere etwas vom Futterangebot abbekommen. Beim Füttern nehme ich die Diamantschildkrötenbabys aus dem Aquarium, setzte sie in kleine Kunststoffbehälter mit Wasser und füttere einzeln.
Ich möchte mich bei meinem Mann Maik Grabmeier bedanken, der mich immer unterstützt und mir immer mit Rat und Tat zur Seite steht.
Manfred Rogner - Schildkröten 1 (1995)
James Lee, Stephen Chew – Diamondback Terrapins Gems of the Turtle World (2008)
Andreas S. Hennig – Schildkrötenbibliothek 5 Inkubation von Schildkröteneiern (2020)
Danksagung für den Artikel in der Vereinszeitschrift der Internationalen Schildkröten Vereinigung "Sacalia"
Einen großen Dank möchte ich Stephan Ettmar aussprechen, der mich tatkräftig unterstützt hat und mein Dank geht auch an die ISV, die meinen Artikel in der unten angezeigten
Sacalia Ausgabe 83 Mai 2024 veröffentlicht hat.